Diplomarbeit! Aber wie?
von Simon Herzhoff (Student der Sozialpädagogik)
Wie schreibt man eine Diplomarbeit? – Mit dem PC, genauer: mit der Tastatur – so antwortet der Witzbold.
Mit diesem launigen, etwas blöden Einstieg ist man indessen auf die falsche Fährte gelockt, denn nicht will ich Angriff nehmen, das gewissermaßen technische Rüstzeug zu beschreiben, das für eine Diplomarbeit notwendig ist, überhaupt kein Ratgeber soll hier feilgeboten werden. Bescheiden möchte ich einen Einblick gewähren in das Werden meiner Arbeit, womit, so hoffe ich, gleichwohl ein Wink gegeben ist, dem man folgen kann oder nicht.
Ein Jahr etwa vor dem angepeilten Abgabetermin meiner Diplomarbeit begann ich in loser Ordnung Anregungen zu einem möglichen Thema aus Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und dem Fernsehen zu sammeln, und hatte bald eine ordentliche Liste beisammen, aus der schon einzelne Themen in den Vordergrund rückten. Allein, sie alle sollte ich später verschmähen. Denn schließlich kam mir die zündende Idee bei einem Seminar zur „Kommunikationskultur“, in dem auch der Sozialarbeiterwitz zur Sprache kommen sollte. Er kam es, aus mangelndem Interesse, nicht, ich hingegen hing dem Witz über den Sozialarbeiter in Gedanken noch hinterher und kam schließlich dazu, einem der Professoren den Sozialarbeiterwitz als Thema einer Diplomarbeit vorzuschlagen.
Durchaus nicht völlig ernst meinte ich das, fürchtete ich doch, durchaus nicht genügend Material zu finden (worin ich mich täuschen sollte). Gerade deswegen, weil es eine recht eigenständige Bearbeitung versprach, interessierte mich das Thema immer mehr: zum Ende des Semesters legte ich mich dann fest, meine Diplomarbeit sollte sich mit Sozialer Arbeit und Witz beschäftigen. (Ein Thema zu wählen, mit dem noch nicht zahllose Bücher gefüllt sind, mag um den Vorteil größerer Nachsicht der Betreuer besonders bedacht werden.) Genauere Vorstellungen hatte ich noch nicht, in die Semesterferien nahm ich erste Literaturhinweise des Betreuungsdozenten mit, mithilfe welcher sich langsam ein Konzept aus dem wirren Wust an Gedanken herausschälte, sagen wir: aus dem Nebel trat eine Gestalt, eine sehr unförmige noch. Ich bannte sie dennoch auf Papier und hatte eine erste, sehr grobe Gliederung. Damit zum Betreuer, gefälliges Nicken, weitere Literaturhinweise und weitere Lektüre.
In der nächsten Zeit – das Semester hatte wieder begonnen und nahm mich in Anspruch – sammelte ich, was auch nur irgendwie von Belang sein könnte und las immer weiter. Dummerweise, wie ich später merkte, ging ich dabei wenig systematisch vor, ich strich zwar fleißig an in den Büchern, schrieb jedoch Zitate nicht heraus. Einen Zettelkasten, wie oft angeraten, füllte ich mir nicht. Das bedeutete, als es ans Schreiben ging, mehr Arbeit, vieles musste ich ein zweites oder drittes Mal lesen (was aber im Übrigen nicht schadete, sondern oft zum tieferen Verständnis des Textes beitrug) .
Ungefähr ein halbes Jahr bevor ich mit der Diplomarbeit fertig sein wollte, schrieb ich dann die ersten Zeilen, mehr oder wenige ins Blaue hinein, jedenfalls ohne eine bereits feststehende Feingliederung der Arbeit. Das war nicht allzu schlecht, weil ohnehin, wie sich herausstellte, die Arbeit eine andere Richtung ging als beabsichtigt, immer neue Gedanken kamen hinzu, andere fielen weg. Es vollzog sich, sozusagen, eine allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Schreiben. Hatte ich einen Gedanken gefasst, suchte ich diesen durch Zitate zu stützen, was zumeist glückte. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, wirklich peinlich genau zu arbeiten und jedes Zitat sofort in ein Literaturverzeichnis einzutragen – ich war dabei etwas nachlässig und hatte später einige Arbeit, alle Zitate noch einmal zu überprüfen.
An eine formale Ordnung der Arbeit hatte ich bis dahin noch keinen Gedanken verschwendet. Ich schrieb und schrieb. Nanu, das hört sich allzu einfach an. Tatsächlich, mir floss die Tinte nicht ohne Mühen aufs Papier, ich kannte durchaus Zeiten, wo ich den ganzen Kram hinwerfen wollte; zumindest aber dachte ich daran, manches Kapitel, was vielleicht doch nicht ganz so wichtig sein mochte, wegzulassen, was einige Arbeit gespart hätte. Wie schaffte ich es, dennoch weiterzumachen? Nun, wahrscheinlich gab es genug der Momente, die auch zufrieden machten, die mich mit einigem Wohlgefallen auf das bisher Geschriebene zurückblicken ließen. Und ist es wahrscheinlich auch der Gewöhnung geschuldet, dass ich mich beinahe täglich vor die Bücher oder den Laptop setzte. Vor die Bücher? Gewiss, denn die Lektüre ging nebenher immer weiter, in den Verzeichnissen gelesener Bücher fand sich beinahe immer der ein oder andere Hinweise auf interessante und lohnende Werke; auch die Stichwortsuche bei Versandbuchhändlern oder Bibliotheken gab manchen Tipp .
Irgendwann näherte sich das letzte Kapitel der Arbeit, war abgeschlossen, und nun war nur noch alles in ein gefälliges Gewand zu kleiden. Jedoch, die Arbeit formal herzurichten war so einfach nicht, kostete im Gegenteil einige Mühe und viel Schweiß. Ich versuchte es zuerst auf eigene Faust, hatte ich doch im ersten Semester immerhin einen EDV-Kurs absolviert, der mich zu solcherlei Gewagtheiten wohl befähigen sollte. Wirklich kam ich recht weit, erstellte ein automatisches Inhaltsverzeichnis, fügte Seitenzahlen ein, stellte Seitenränder und Zeilenabstand ein und so weiter. Trotzdem tauchten immer wieder Probleme auf, Überschriften wurden nicht richtig wiedergegeben, Formatierungen sprangen zurück, Fußnoten erstreckten sich über mehrere Seiten – kurz: allerlei Sonderlichkeiten, die Word da aus dem Ärmel schüttelte. Glücklicherweise hatte ich bis zur Abgabe noch genügend Zeit, so dass ich nicht in Panik verfallen musste. Ärgerlich war es trotzdem, zumal ich kaum noch Lust hatte und die Arbeit endlich aus den Füßen haben wollte. So sehr angewidert war ich beizeiten von meinem Geschreibsel, dass ich beinahe schon den ein oder anderen formalen Fehler, die ein oder andere Unausgegorenheit hinzunehmen bereit gewesen wäre.
In dieser Situation wies mich ein Kommilitone auf den Diplom-Reader hin, in dessen Forum ich zunächst einige letzte Fragen zur korrekten Zitierweise nachschlug, dann aber auch die Anleitung las, wie formale Ordnung herzustellen sei. Gleichwohl alles verständlich dargestellt war und es bei der Durchführung keine Probleme gab, war das Ergebnis nicht immer das erhoffte. Oder, wenn doch, so tat sich mit Sicherheit an anderer Stelle ein neues Problem auf, langweilig wenigstens wurde es nie. Langsam rückte der Abgabetermin näher. Da entdeckte ich die Dokumentvorlage, lud sie herunter und kopierte meine Arbeit hinein. Das sah schon besser aus, das konnte tatsächlich ausgedruckt und gebunden werden. So dachte ich. Ich täuschte mich. Fußnotentexte, was ich beinahe übersehen hätte, tauchten plötzlich auf der falschen Seite auf oder erstreckten sich – immer noch – über mehrere Seiten, manche Seiten waren sehr merkwürdig umgebrochen, das Inhaltsverzeichnis war durcheinander geraten. Wiederum mit Hilfe der detaillierten Anleitung und mit der Unterstützung einiger anderer Foren versuchte ich die Fehler selbst zu beseitigen. Es gelang mir nicht. Ich bat Holger Matthes per E-Mail um Hilfe, stellte ihm – recht unverschämt – eine Menge Fragen, auf die er sehr schnell und mit hilfreichen Fingerzeigen antwortete. Dafür sei ihm nochmals gedankt; ohne seinen Reader und vor allem die persönliche Hilfe hätte ich die Arbeit so nahezu perfekt – in formaler Hinsicht – nicht hinbekommen.
Simon Herzhoff